An einem strahlenden Montag im Juli brachen wir um 6 Uhr morgens vom Hotel Funivia in Bormio auf, um La Pedalata Tosta zu fahren. Das Programm sieht viele Stunden im Sattel vor. Wir werden 230 km zurücklegen und dabei 5.500 Höhenmeter überwinden - keine leichte Aufgabe. Die Gruppe ist voller Energie und kann es kaum erwarten, auf ihre Rennräder zu steigen und loszufahren, unterstützt von Elisa und Sara mit ihrem Van. Neben den beiden Machern von La Pedala, Daniele Schena, bekannt als "Stelvioman" vom Hotel Funivia, und Klaus Irsara vom Hotel Melodia del Bosco in Alta Badia, ist die Gruppe bunt gemischt aber sehr gut eingestimmt und bereit, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Omar di Felice, ein bekannter Ultracyclist, führt die Gruppe, gefolgt von den Journalisten Gabriele Pezzaglia und Kristian Arnth, von der amerikanischen Influencerin Hannah Raynolds und der Marketing-Expertin Claudia Rier aus Seis.

  

  

Der erste Anstieg zu bewältigen ist der Gavia Pass, über Santa Caterina Valfurva, 25 km von Bormio entfernt. Der erste Abschnitt mit seinen sanften Steigungen erlaubt es uns, die Ruhe der Morgendämmerung zu genießen, aber das Beste kommt noch. Über 2000 m wird die Luft dünn und die Farben des frühen Morgens verblassen dank der tief hängenden Wolken. Die Hütte taucht in der Ferne auf und wir legen eine Pause auf dem Gipfel ein um die besondere Atmosphäre zu genießen. Dazu kommt die Begegnung mit zwei Steinböcken am Wegesrand.

  


  

Die Abfahrt nach Ponte di Legno ist lang und still, bevor wir wieder zum Passo del Tonale aufsteigen, begleitet von den Geräuschen der angehenden Tages. Vom Tonale bis zum Anfang des Mendelpasses führt die Straße inmitten durch hügelige Apfelplantagen und Weinbergen ständig bergauf und bergab. Auf dem Mendelpass überschreiten wir die 100 km-Marke und sind nun bereit für die Abfahrt in Richtung Weinstraße und Bozen.

  

  

Danach erwarten uns nur mehr Aufstiege. Die Straße führt bergauf bis zum Grödner Joch, die letzte Mühe des Tages bevor wir Alta Badia erreichen. Von Bozen aus folgen wir dem Radweg entlang der alten Bahnlinie bis nach Waidbruck, danach erwartet uns die anstrengende Steigung bis Lajen, am Eingang des Grödnertals. Müdigkeit und Hitze lassen sich spüren, wir sind schon viele Stunden im Sattel, und der Gipfel des Grödner Jochs ist noch nicht in Sicht. Jetzt heißt es, einen klaren Kopf bewahren und den Mut nicht verlieren.

   
Von St. Ulrich bis Wolkenstein steigt die Straße konstant an, vor dem Grödner Joch sitzen wir nun über zehn Stunden auf dem Sattel. Es fehlen noch 25 km, davon zehn noch bergauf. Alle sind still, man hört nur das Gleiten der Kette und unser Atem. Auf dem Grödner Joch angekommen, genießen wir zufrieden und erleichtert den Sonnenuntergang. Von hier aus ist die Fahrt zum Hotel Melodia del Bosco ein wahres Vergnügen, umrahmt von den rosa gefärbten Dolomiten.

  
Die Nacht in den Bergen hat eine besondere Stille, tief und beruhigend, genau wie wir Sie nach einem so intensiven Tag brauchen. Am folgenden Tag beschließt die Gruppe unterschiedlich zu verbringen. Einige sitzen wieder im Sattel und fahren die vier Pässe, andere erholen sich oder nutzen die Zeit um zu arbeiten. Alle bereiten sich in Gedanken schon auf die Rückfahrt vor, der Majestätische Stilfser Joch ist die Herausforderung des nächsten Tages.

   


   

Pünktlich um 6.00 Uhr morgens stehen wir Startbereit vor dem dominierenden Kreuzkofel, dem Wahrzeichen des Tals. Die Rückfahrt sieht leichter aus, 200 km und 4.000 Höhenmeter.
Das Wetter ist gut, aber die Vorhersage sagt Regen im Laufe des Tages an. Gleich nach dem Start zeigte uns das Glück, dass es kein einfacher Tag werden wird: Schon nach wenigen Kilometern hatten wir die erste Reifenpanne. Egal, das Grödner Joch erwartet uns in seiner ganzen Pracht. Die bleichen Berge tauchen langsam in verschieden Schattierungen aus den Wolken auf. Nun fahren wir bergab in Richtung St. Ulrich. Dort entschieden wir den Pinei Pass zu fahren. Er ist wenig bekannt aber bringt uns über Kastelruth und Seis nach Bozen. Im Etsch Tal fahren wir über Feldwege, umgeben von bunten Apfel- und Weingärten, nach Meran. In der Ferne sieht man Vintschgau, und von hier aus sind es nur noch 50 km bis zum Beginn des Anstiegs zum Stilfser Joch. Der Himmel beginnt bleiern zu werden und die Beine sind schwer, doch die Ankunft von Klara Fischnaller, einer Radfahrerin aus Meran, gibt der Gruppe neue Kraft. Auf der Strecke durchqueren wir die Dörfer Naturns, Latsch und Schlanders, wo die Straße für ein Stück unbefestigt wird und unser Aussehen dank des starken Regens heroisch wird.

  

   

Wir sind jetzt in Prato allo Stelvio, von wo aus wir den letzten Anstieg unserer Pedalreise in Angriff nehmen. Eine Bar im Dorfzentrum wird zum gemütlichen Erfrischungspunkt, wir reden wenig, das Stelvio ist eine Mischung aus Respekt, Angst und Sehnsucht. Nach Trafoi, stellen wir fest, dass Wolken und Regen uns bis nach Bormio begleiten werden. Das Szenario ist episch, grau und düster, würdig der Heldentaten vergangener Zeiten. Entlang der endlosen Haarnadelkurven kehren unsere Gedanken unweigerlich zu diesen Bildern zurück, und obwohl wir müde sind und frieren, schätzen wir jeden einzelnen Meter dieses legendären Anstiegs.

   

   

Das Schild auf dem Gipfel löst in uns viele Emotionen aus, Zufriedenheit, Stolz, aber auch Wehmut, weil wir das Ende dieser 430 km erreicht haben, die uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Diese drei Tage sind nur der Anfang eines magischen Abenteuers, an dem im Laufe der Jahre Hunderte von Radfahrern aus vielen Ländern teilnehmen werden, die durch Leidenschaft, Freundschaft und den Wunsch, eine Strecke gemeinsam zu fahren, vereint sind.